Harninkontinenz

Das belastende Thema des ungewollten Urinverlustes oder der Harninkontinenz wird aus Scham viel zu selten angesprochen. Ist dieser Schritt erst einmal getan, lässt sich durch Untersuchungen meist die Ursache der Problematik klären. Eine spezifische Therapie je nach Ursache der Harninkontinenz kann dann empfohlen werden. Das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten reicht von Änderungen der Lebensführung über die medikamentöse Therapie bis hin zu einer Operation.

Fragen zur Diagnose und Therapie einer Harninkontinenz

Eine Harninkontinenz ist als unfreiwilliger Urinverlust jeglichen Ausmaßes definiert. Häufig warten Patienten viel zu lange, bis der Leidensdruck sehr groß wird und sie sich schließlich bei einem Urologen vorstellen. Inkontinenz gehört in der urologischen Praxis zum Alltag und ist somit nichts, wofür man sich schämen müsste. Da hinter einer Inkontinenz auch gefährliche Ursachen stecken können, lohnt sich eine frühzeitige Vorstellung.

Grob gesagt werden zwei Arten der Inkontinenz unterschieden. Die Belastungsinkontinenz tritt vorrangig bei körperlicher Belastung auf, so z.B. beim Tragen von Lasten, beim Husten und Niesen, oder auch schon beim Aufstehen aus dem Liegen. Ursächlich ist oftmals eine Schwäche des Beckenbodens, wie sie nach Schwangerschaften oder auch nach Operationen auftreten kann.

Demgegenüber tritt die Dranginkontinenz völlig unvermittelt und situationsunabhängig auf. Dies kann beispielsweise im Rahmen einer gutartigen Prostatavergrößerung der Fall sein, aber auch neurologische Ursachen sind häufig.

Daneben existieren Mischformen, die nur mit komplexer urologischer Diagnostik korrekt eingeordnet werden können.

Eine Reizblase wird auch als überaktive Harnblase bezeichnet und ist durch die Symptome starker Harndrang mit oder ohne Inkontinenz, häufiges Wasserlassen, sowie nächtliches Wasserlassen gekennzeichnet. Offensichtliche, körperliche Ursachen finden sich in der Diagnostik nicht. Die Therapie erfolgt in der Regel medikamentös.

Neben einem ausführlichen Gespräch und einer körperlichen Untersuchung kann mit einer Ultraschalluntersuchung festgestellt werden, ob Restharn besteht, d.h. ob die Blase beim Wasserlassen nicht vollständig entleert wird. Je nach vermuteter Ursache werden dann ggf. noch weitere Untersuchungen durchgeführt. Hierzu gehören eine Blasenspiegelung sowie eine Blasendruckmessung (Urodynamik).

Über verschiedene Katheter wird der Druck in der Blase und im Bauchraum gemessen. Währenddessen wird die Blase langsam aufgefüllt. Die dabei aufgezeichnete Kurve gibt dem Urologen präzise Hinweise auf die Ursache der Inkontinenz.

Je nach Ursache kann eine Inkontinenz vollständig heilbar sein. Aber auch sonst kann fast immer mit medikamentösen oder operativen Therapien geholfen werden.

Eine Belastungsinkontinenz wird oftmals schon durch konservative Maßnahmen wie Beckenbodengymnastik und Gewichtsabnahme gebessert. Je nach genauer Ursache kommen auch operative Therapien infrage. Die Therapie der Dranginkontinenz erfolgt meist medikamentös, sofern keine andere behandlungsbedürftige Ursache diagnostiziert wird.

Die Blasenwand ist ein Muskel, der über komplexe Nervenverbindungen gesteuert wird. Zieht sich der Blasenmuskel immer wieder ohne willentliche Kontrolle zusammen, hat dies eine Dranginkontinenz zur Folge. Deshalb kommen hier bei beiden Geschlechtern meist Medikamente zum Einsatz, die diese autonomen Bewegungen der Blase hemmen. In schweren Fällen können Medikamente auch direkt in die Blasenwand gespritzt werden.

Eine Belastungsinkontinenz kommt bei Frauen v.a. nach vaginalen Geburten häufig vor. Auch eine Senkung des Beckenbodens kann eine Inkontinenz bedingen.

Bei Männern ist eine reine Belastungsinkontinenz deutlich seltener als bei Frauen, und kann nach Operationen oder Unfällen auftreten. Insbesondere nach offenen Prostatakrebsoperationen bildete früher die Inkontinenz eine häufige Komplikation, die mit modernen Operationsverfahren, wie z.B. der roboterassistierten da Vinci Operation glücklicherweise deutlich seltener auftritt. Eine empfehlenswerte Operation zur Wiederherstellung einer ausgeprägten Belastungsinkontinenz ist die Implantation eines künstlichen Schließmuskels.

Therapien

Über diese Seite:

Autor

Prof. Dr. med. Sven Lahme
Facharzt für Urologie

Ärztlicher Direktor der Goldstadt-Privatklinik.
Spezialist für Urologie, Mini-PCNL und Roboter-assistierten Operationen mit dem da Vinci System.

Mitglied in wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Gutachter von wissenschaftlichen Fachzeitschriften.

Erstellungsdatum: 08.03.2020Änderungsdatum: 08.03.2020